Mittleres Reich

Flagge Ägyptens

Land und Leute Ägypten

Ägyptische Geschichte   2137 –1781 v. Chr.
Mittleres Reich
11. und 12. Dynastie

Das Mittlere Reich ist die Epoche der Rückkehr
zur Stabilität,
des wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwungs

Das Mittlere Reich war nach dem Alten Reich um 2707–2216 v. Chr. der 2. Wiederaufstieg einer pharaonischen Epoche nach den politischen Wirren der 1. Zwischenzeit. Obwohl der Anfang der 11. Dynastie noch stark unter dem Einfluss der politischen Spaltung Ägyptens lag, änderte sich die Lage um 2020 v. Chr. gewaltig, als der thebanische Herrscher Mentuhotep II. als Sieger aus den Kämpfen gegen das in Mittelägypten herrschende herakleopolitanische Königshaus hervorging und sich als Pharao eines wiedervereinigten Ägyptens einsetzte. Mit diesem Pharao begann der eigentliche Aufstieg des Mittleren Reiches mit einer politischen Stabilität, einer steigenden wirtschaftlichen Entwicklung und aus dem resultierenden Wohlstand begann eine weitreichende kulturelle Blütezeit Ägyptens, die noch viele Jahrhunderte nach dem Mittleren Reich als eine Epoche mit großartigen Werken der Literatur und der bildenden Kunst gewürdigt wurde.

Bild 1: Kolossale Statue von Pharao Sesostris I. in der Gestalt des Gottes Osiris (12. Dynastie), sie besteht aus Kalkstein und wurde neben dem 6. Pylon in Karnak gefunden und befindet sich heute im Ägyptischen Museum Kairo. Bild 2: Oberteil einer Sitzstaue aus bemaltem Sandstein  von Mentuhotep II., man fand diese 138 cm hohe Statue in seiner Grabkammer. Er war der Pharao, dem es in der 11. Dynastie gelang,  Ägypten nach den unruhigen Jahren der 1. Zwischenzeit wieder zu vereinen. Er trägt in dieser Darstellung die rote Krone Unterägyptens und zeigt sich in einer machtvollen Haltung, die seine pharaonische Würde unterstreicht. Die schwarze Färbung seines Körpers, sollte wohl die Glechstellung des verstorbenen Pharaos mit der Gottheit Osiris symbolisieren, was auch auf die Haltung der gekreuzten Arme hindeuten könnte, Ägyptisches Museum Kairo. BIld 3: Sphinx von Amenemhet III. aus der 12. Dynastie (1841 – 1797), sie stammt aus Tanis, Ägyptisches Museum Kairo. Bild 4: Torso einer Statue von Pharao Amenemhet III. Mit dieser Statue wird der vergöttlichste Pharao Amenemhet III. in der Gestalt eines Priesters dargestellt, erkennbar an dem umgelegten Leopardenfell auf den Schultern. Amenemhet III. wurde im Fayum noch 2000 Jahre später zum Ende der römischen Besatzung als lokale Schutzgottheit verehrt, Ägyptisches Museum Kairo.

11. Dynastie ca. 2137 – 1939 v. Chr.

Auch wenn die 11.Dynastie komplett im Mittleren Reich geführt wird, begann es politisch erst in der Mitte der 11. Dynastie an Bedeutung zu gewinnen als Mentuhotep II. um 2020 v. Chr. die Machtverhältnisse wieder stabilisierte und die Reichseinigung Ägyptens erreichte. Eine besondere Entscheidung war auch die Verlegung der Hauptstadt von Memphis nach Theben in das religiöse Machtzentrum Ägyptens. Mentuhotep II. gilt als der 5. Pharao der 11. Dynastie über seine vier Vorgänger  ist verhältnismäßig wenig zu berichten, sie verkörperten praktisch noch die politischen Verhältnisse aus der 1. Zwischenzeit in einem gespaltenen Land und es gibt aus Sicht der Forschung noch zu wenig Belege aus diesen Herrschaftszeiten.  Es waren Mentuhotep I. (2137 bis 2133 v. Chr.), er  soll hauptsächlich in Oberägypten regiert haben, Antef I. ( ca. 2133 bis 2121 v. Chr.), Antef II. (ca. 2121 bis 2072 v. Chr.) und Antef III. (ca. 2072 bis 2064 v. Chr.) regierte wie seine Vorgänger in Oberägypten. Unter seiner Herrschaft begann vermutlich die erweiterte Expansionpolitik in den unterägyptischen Norden des Landes., die erst durch Mentuhotep II. erfolgreich mit der Reichseinigung abgeschlossen wurde. Mit dieser Wiedervereinigung der beiden Länder von Unter- und Oberägypten begann nach Armut und Chaos der 1. Zwischenzeit der wirtschaftliche Aufschwung im Land des Nils und mit dem aufkommenden Wohlstand kam Ägypten auch wieder zur kulturellen Blüte. Mit einer einheitlichen Steuer- und Verwaltungsreform wurde Ägypten wieder ein Zentralstaat und die zahlreichen, eigenständig regierten Provinzen unterwarfen sich bedingungslos der ägyptischen Vereinigung.
Auf Mentuhotep II. folgte Mentuhotep III. und als dessen Nachfolger noch Mentuhotep IV. von etwa  2001 bis um 1994 v. Chr.(1) Unter Mentuhotep III. ist bekannt, dass er eine größere Expedition mit 3000 Mann über das Rote Meer nach Punt in Ostafrika veranlassen ließ. Die ägyptischen Handelsbeziehungen zu diesen afrikanischen Regionen hatten in der gesamten Antike einen besonderen Status.
Mentuhotep IV: war der letzte Pharao der 11. Dynastie, von ihm ist nur wenig belegt. Vermutungen gehen davon aus, dass er in seinem 7. Regierungsjahr von seinem Wesir Amenemhet gestürzt worden sei, denn die Namensgleichheit mit seinem Nachfolger Pharao Amenemhet I. könnte darauf hindeuten. Er festigte die staatliche Einheit Ägyptens und gilt als Begründer der 12. Dynastie.

Bild 5: Kopf einer Statue von Pharao Sesostris III., er regierte etwa 40 Jahre zwischen 1882 – 1842 v. Chr. in der 12. Dynastie des Mittleren Reiches. Luxor Museum, Ägypten. Bild 6: Statue von Pharao Amenemhet III. Die strenge Haltung und die ernste Mimik im Gesichtsausdruck ist scheinbar auch der Ausdruck einer schwierigen Zeit. Luxor Museum, Ägypten. Bild 7: Sesostris I. (1956 – 1911/10 v. Chr.)  gehörte zu den bedeutenden Herrschern des Mittleren Reiches in der 12. Dynastie, die Statue zeigt den Oberteil einer Kniefigur aus Gneis. Ägyptisches Museum Berlin.  Bild 8: Muschelschale als Amulett mit der Kartusche des Eigennamens von Sesostris I. (auch Senwosret, Senuseret oder Senusert), Nubisches Museum in Assuan, Ägypten.

12. Dynastie ca. 1976 –1781 v. Chr.

Nach theologischen Grundsätzen und den Gesetzen des “Königtums”, war ein Pharao im Alten Ägypten immer ein Alleinherscher und als Mensch auch ein göttliches Wesen. In der 12. Dynastie im Mittleren Reich gab es jedoch zu diesem Brauch Abweichungen, weshalb diese Epoche auch als Dynastie der Koregentschaften betrachtet werden kann. Diese Koregenzen hatten den Sinn, Regierungsgewalten zu teilen, meist zum Ende einer Alleinherrschaft, um mit einer vorzeitigen Krönung eine problemlose Machtübergabe zu gewährleisten. Eingeführt wurde dieses Regierungsprinzip der Koregenzen durch Pharao Amenemhet I., der auch als Begründer der 12. Dynastie gilt. Seine Herkunft ist nicht absolut geklärt. Man vermutet, dass er mit der Person des Wesirs Amenemhet unter Pharao Mentuhotep IV. identisch sein könnte. Er hatte vermutlich eine thebanische bürgerliche Herkunft und mit Nofret eine Mutter aus Nubien aus der Nähe von Elephantine. Mit Amenemhet I. begann der große Verwaltungsumbau des Zentralstaates und die Hauptstadt wurde von Theben nach Itj-taui in Unterägypten verlegt, von dort aus war das Nildelta wohl auch besser zu kontrollieren. Sein Bauprogramm umfasste auch das gesamta Delta und vielleicht begannen bereits unter Amenemhet I. die Planungsarbeiten, das Sumpfgebiet des Fajjum zu kultivieren. Vermutlich starb Amenemhet I. infolge eines Attentats. Er wurde in seiner Pyramide bei Lischt  etwa 60 km südlich vom heutigen Kairo in Unterägypten bestattet. Durch die bereits  bestehende mehrjährige Koregentschaft mit seinem Vater wurde übergangslos Sesostris I. zum alleinherrschenden Pharao. Um die Stabilität des Landes bei einem Machtwechsel zu gewährleisten kam es in der 12. Dynastie insgesamt zu folgenden Koregentschaften:

  • Amenemhet I. mit Sesostris I.
  • Sesostris I. mit Amenemhet II.
  • Amenemhet II. mit Sesostris II.
  • Sesostris III. mit Amenemhet III.
  • Amenemhet III. mit Amenemhet IV.

Sesostris I. war der 2. Pharao 12. Dynastie, hatte etwa 45 Regierungsjahre und zählt zu den bedeutenden Pharaonen des Mittleren Reiches, während seiner langen Regierungszeit begann die wirtschaftliche Erschließung des Fajjum. In seinem Bauwesen gründete und erweiterte er zahlreiche Tempel, darunter die berühmte Weiße Kapelle in Karnak. Militärisch sicherte er die eroberten Gebiete in Nubien und errichtete verschiedene Festungen. Die Begräbnisstätte von Sesostris I. liegt in seiner Pyramide in Lischt. Als Nachfolger herrschte Amenemhet II. von dem nicht viele Fakten aus seiner 38-jährigen Amtszeit belegt. Sicher nachgewiesen sind seine militärischen Aktionen in Syrien und die wirtschaftlich bedeutenden Handelsbeziehungen zu den östlichen Ländern Ägyptens. Seine Pyramide befindet sich in Dahschur einer altägyptisches Nekrepole des Alten und Mittleren Reiches etwa 26 km südlich vom heutigen Gizeh.
Als 4. Pharao der 12. Dynastie folgte Sesostris II. Es sind nicht viele Belege aus seiner Regierungszeit bekannt. Aus einem Gaufürstengrab in Beni Hasan in Mittelägypten gab es Hinweise durch Darstellungen einer Handelskarawane, dass es unter Sesostris II. intensive und erfolgreiche Wirtschaftsbeziehungen mit Syrien gab.
Zu den bedeutenden Pharaonen der 12. Dynastie gehört ohne Zweifel Sesostris III., er vollendete die Verwaltungsreform des Zentralstaates und schaffte die Erblichkeit der Gaufürsten endgültig ab. Mit vier Feldzügen erobnerte er große Gebiete Nubiens und erweiterte die ägyptische Südgrenze bis nach Semna am 2. Nilkatarakt. Semna war eine militärische Festungsanlage und liegt im heutigen Sudan. Der altägyptische Name der Festungsanlage geht auf den legendären Thronnamen von Pharao Sesostris III. zurück und lautete. “Sechem-Chakaure-maa-cheru” – Mächtig ist der gerechtfertigte Chakaure. Die lange Regierungszeit von Sesostris III. betrug wahrscheinlich 39 Jahre, es wird vermutet, dass er 1839 v. Chr. verstarb . Seine Pyramide errichtete er in Dahschur.
Durch die Koregentschaft mit Sesostrios III. kam sein Sohn Amenemhet III. in der weiteren Herrschaftsfolge automatisch an die alleinige Macht. Er war der 6. Pharao der 12. Dynastie und hatte in der Zeit zwischen 1842 bis 1795 v. Chr. eine lange fast 50-jährige Regierungszeit. Vermutlich erst im 45. Regierungsjahr ernannte er seinen Sohn Amenemhet IV. zu seinem Mitregenten. Zu seinen ganz großen Leistungen gehört die abschließende Erschließung des Fajjum. Das Fajjum-Becken ist ein riesiges fruchtbares Sumpfgebiet, dass für die Landwirtschaft schon bereits in der Antike so bearbeitet wurde, dass es noch heute etwa 3800 Jahre später zum großen Gemüsegarten Ägyptens wurde. Amenemhet IV. kam nach dem Tod seines Vaters als  Alleinherrscher auf den ägyptischen Thron. Er regierte knapp 10 Jahre und seine Ehe mit der Königsgemahlin Nofrusobek blieb ohne männlichen Erben für die Thronfolge. Nach dem Tod ihres Brudergemahls bestieg Nofrusobek selbst den Thron und regierte etwa 4 Jahre das ägyptische Reich als 1. Frau mit der Königstitulatur. Ob sie jedoch schon eine Koregentin ihres Mannes war ist nicht bekannt. Obwohl der Königstitel eines Pharao männlich dominiert war verleugnete sie nicht ihr weibliches Geschlecht, was zur damaligen Zeit in Ägypten eine historische Einzigartigkeit war. Weil nach ihrem Tod keine Erben vorhanden waren endete die 12. Dynastie und somit auch das gesamte Mittleren Reich. Es kam zum erneuten Zerfall des Landes und zum Beginn der 2. Zwischenzeit.

Bild 9: Eine Kalkstein-Stele des Ipepi mit seiner Frau, Mutter und Schwester anbetend vor der mumienförmigen Gottheit Osiris aus der 11. Dynastie um 2120 – 1980 v. Chr. Der Steleninhaber Ipepi bekleidete das Amt eines Vorstehers der Stätte. Im Mittleren Reich kam in Abydos der Trend zum Osiris-Kult auf. weshalb diese Stele auch ein Dokument der Zeit war, Ägyptisches Museum Berlin. Bild 10: Opfergabenträgerin aus dem Grab des Mentuhotep in Theben-West aus der 12. Dynastie im Mittleren Reich um 1800 v. Chr., Ägyptisches Museum Berlin. Bild 11: Auch dieses Bild zeigt zwei Opfergabenträgerinen aus dem Mittleren Reich, in dieser Zeit waren derartige Grabbeigaben sehr beliebt. Hurghada Museum. Bild 12: Stand-Schreitfigur aus bemalten Holz des Vorlesepriesters Imen-em achet aus der 12. Dynastie um 1882 – 1872 v. Chr. aus der Regierungszeit von Sesostris III., Ägyptisches Museum Berlin.

(1) Jahreszahlen nach Wolfgang Helck.: Lexikon der Ägyptologie. Harrassowitz, Wiesbaden 2000

Fotos: (c) Michael Kürschner (9), Christel Selke (4)