Propaganda unter Ramses II.

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Propaganda unter Ramses II.
Propaganda als Mittel zur Selbstverherrlichung

Die hohe Kunst der Propaganda unter Ramses II. erreichte mit diesem gottgleichen Herrscher der ägyptischen Antike einen historischen Höhepunkt. Ramses II. zählt heute noch zu den bekanntesten Persönlichkeiten der ägyptischen Geschichte. In seiner gesamten Regierungszeit von 1279 – 1213 v. Chr. entstanden sehr viele und oftmals auch monumentale Statuen in vielen Tempeln des Landes., so viele wie nie zuvor in der pharaonischen Art der Selbstdarstellung. Die meisten dieser Statuen befanden sich vor den Eingangsbereichen der Tempel an der Vorderseite der Pylone. In diesen Bereichen nutzte Ramses II. sie als steinerne Zeugen, um als Pharao seiner Macht und Göttlichkeit Ausdruck zu verleihen. Selbst sein Thron- und Eigenname wird in Kartuschen im ganzen Land für das Volk stark verbreitet und selbst seine großen Statuen sind vierlfach mit seinen Kartuschen versehen. Der berühmte Hypostylsaal in Karnak mit seinen 134 Säulen ist dafür ein besonderes Zeugnis, obwohl die Pharaonen Harermhab  und Sethos I. die Arbeiten zwar begannen, vollendete Ramses II. diesen Säulensaal zum Ausdruck seiner Macht- und Selbstdarstellung. Ramses II. verstand es perfekt das künstlerische Handwerk der Baumeister erfolgreich zu nutzen, um die Propaganda seiner Selbstverherrlichung in jedem Winkel des Landes zu dokumentieren. In seiner langen Regierungszeit von fast 62 Jahren, war Ramses der Große somit für Freund und Feind der uneingeschränkte und vergöttlichte Machthaber des ägyptischen Imperiums. Die perfekt inszinierte blühende Propaganda unter Ramses II., war so erfolgreich, dass man noch 3500 Jahre nach seiner Herrschaft  in den Geschichtsbüchern vom größten Herrscher der ägyptischen Antike ausgeht. Tatsächlich lebte Ramses II. in einer stabilen Wirtschaftszeit, er hatte außerdem eine starke Beamten- und Priesterschaft die ihm zur Seite stand und die Geschicke des Landes erfolgreich führten. Mit Nefertari seiner geliebten Großen königlichen Gemahlin hatte Ramses II. außerdem eine intelligente und gebildete Frau an seiner Seite, die ihm auch politisch als seine engste Beraterin wertvolle Dienste erwies, auch wenn er als Liebling der Frauen im Zeitraum seiner göttlich geführten Regierungszeit  mit einer hohen Anzahl an Nebenfrauen über 100 Kinder gezeugt haben soll.
Bis auf einen historisch bedeutenden Feldzug (Schlacht bei Kadesch) waren seine übrigen Feldzüge mit seiner Überlegenheit eher kleine routinemäßige militärische Operationen, die Ramses II. als göttlicher Herrscher auf Erden ungeschlagen überstand, jedenfalls dokumentieren dies seine propagandistischen Darstellungen im ganzen Land, ganz nach dem Motto ein ägyptischer Pharao ist praktisch unbesiegbar, auch wenn die Schlacht bei Kadesch Ramses II. fast an den Rand der Verzweiflung brachten.
Nach neuesten  Erkenntnissen der ägyptologischen Forschung lebte man zwar nach dem Motto: “wir schaffes das, alles ist gut und wir sichern den Wohlstand des Volkes für immer”, doch ein Klimawandel in den Endjahren seiner Regierungszeit sprechen scheinbar eine andere Sprache. Klimatisch wurde es wärmer und trockener und für Ägypten immer katastrophal war der extrem niedrige Wasserstand des Nils. In den äthiopischen Bergen vielen über viele Jahre die Regenzeiten aus oder kamen nur abgeschwächt, denn diese Wassermassen versorgen den Nil und ermöglichen mit den Überschwemmungen den reichhaltigen Anbau von landwirtschaftlicher Erzeugnissen. Mit der Propaganda unter Ramses II. war die ägyptische Welt allerdings absolut in Ordnung. Nur ob man im ägyptischen Volk diesen propagandistischen “Fake News” Glauben schenkte, ist nicht überliefert, obwol man annehmen kann, das eine Hungersnot, auch wenn sie dem Klima geschuldet war, dem Ansehen von Ramses II. als einen der mächtigsten Herrscher der ägyptischen Geschichte sicherlich geschadet haben kann.

Bild 1: Oberteil der linken Kolossalstatue von Ramses II. an der Front des Tempels von Abu Simbel. Diese riesigen Statuen demonstrieren die absolute Macht des ägyptischen Weltreiches über Nubien. Bild 2: Oberteil einer Statue von Ramses II. Diese übergroße Statue aus Gerf Hussein konnte vor den Fluten durch Notgrabungen vor den Flutungen durch den Assuanstaudamm gerettet werden. Der Tempel aus der diese Statue stammt versank allerdings im Nassersee. Nubisches Museum, Assuan.  Bild 3: Auf dem offenen Hof nach dem 1. Pylon des Amuntempels von Karnak gelangt man zu dieser riesigen Standfigur von Ramses II.. Wegen der imposanten Gestalt in einer historisch  bedeutenden Umgebung wurde diese Kolossalstatue im Lauf der Zeit von Ramses VI. (1142/40 – 1134 v. Chr.) in der 20. Dynastie im Neuen Reich und später auch noch von Pharao Pinodjem I. (990 – 969 v. Chr.) in der 21. Dynastie der 3. Zwischenzeit usurpiert. Bild 4: In seinem 6. Regierungsjahr begann Ramses II. mit dem Bau dieses größten Felstempels in Abu Simbel. Nach einer Bauzeit von 29 Jahren wurde dieser Tempel in seinem 35. Regierungsjahr fertiggestellt. Die einzigartige Architektur mit den riesigen monumentalen Statuen mit einer Höhe von 20 Meter ahmt die Tempelfassade eines Pylon nach. Dieser Tempel im oberägyptischen Nubien, war nicht nur verschiedenen Göttern geweiht ,sondern galt hauptsächlich seiner eigenen vergöttlichten Herrschaft und war als Ausdruck einer Warnung an alle Gegner Ägyptens vom Nil her kommend weit sichtbar, denn hier herrscht der übermächtige Pharao Ramses II. und niemand wird es wagen in Ägypten einzufallen.

Die Schlacht bei Kadesch 

Das 5. Regierungsjahr von Ramses II. führte den ägyptischen Herrscher zum größten Feldzug seiner Regierungszeit zur historisch bekannten Schlacht bei Kadesch (1274 v. Chr.). Dieser Kriegsschauplatz lag im heutigen Syrien nahe der Grenze zum Libanon. Bereits in der 18. Dynastie  gelang es dem großen Feldherrn Pharao Thutmosis I. mit seinen Feldzügen in den Nahen Osten von Syrien bis zum Euphrat für das ägyptische Imperium zu expandieren, um für Ägypten Tributzahlungen von Vasallenstaaten zu erhalten. Die Hethiter, die ihr Kernland im heutigen Anatolien hatten wurden unter ihrem König Muwattalli II. zunehmend eine Gefahr für die Vasallenländer Ägyptens. Als die Konflikte zu eskalieren drohten, konnte Ramses II. dem nicht zusehen und rüstete sein Heer mit vier Divisionen die den Namen der Hauptgötter Amun, Re, Ptah und Seth trugen für die Schlacht nach Kadesch. Ziel war es Kadesch einzunehmen und die Hethiter zurückzuschlagern. Auch wenn das Heer der Hethiter stärker ausgerüstet war, ging Ramses II. der die Division Amun anführte, davon aus, dass die göttlichen Namen der Divisionen unschlagbar sind. Das Heer der Hethiter war zwar mit Soldaten und Streitwagen deutlich überlegen, doch es waren mehr die strategischen Fehler von Ramses II., der seine Divisionen taktisch schlecht aufstellte und somit nicht den schnell erhofften Sieg erreichen konnte. Während die Division Re völlig aufgerieben wurde, konnte Ramses II. mit den restlichen Teilen seiner göttlichen Divisionen den Rückzug oder besser umschrieben die Fliucht zurück nach Ägypten antreten. Doch zurück in Ägypten gab es einen klaren Sieger, denn die Propaganda unter Ramses II. dokumentierte den Herrscher als größten Feldherrn Ägyptens. Ikonographische Darstellungen symbolisieren in verschiedenen Tempeln die siegreiche Leistung des Pharaos. Derartige bildliche Darstellungen findet man im Karnak-Tempelkomplex, in Abydos und in dem Tempel von Abu Simbel in Nubien, aber auch im Luxor-Tempel und im Ramesseum seinem Totentempel am Westufer Thebens (Luxor) bezeugen künstlerische Darstellungen an den Wänden die glorreichen Heldentaten von Ramses II. Die Schlacht bei Kadesch war sicherlich der größte Feldzug von Ramses II. der realpolitisch nicht einmal ruhmreich war und trotzdem als Sieg verkündet wurde. Weitere Feldzüge waren in seiner gesamten Regierungszeit eher militärische Operationen. In der gesamten ägyptischen Antike gab es mit Sicherheit eine Vielzahl von Pharaonen, die als Feldherrn wesentlich bedeutendere miltitärische Leistungen vorweisen konnten als Ramses II., doch mit Hilfe seiner Bautätigkeit mit den massiven Selbstdarstellungen durch monumentale Bauwerke und Statuen verbunden mit einer langen Regierungszeit und der geringen Gefahr außenpolitischer Konflikte, konnte er sich leicht als Ramses der Große im ganzen Land darstellen lassen. Auch wenn die erfolgreiche Regierungszeit von Ramses II. propagandistisch begleitet wurde, konnte er sich stabilisierend auf einen starken Beamtenstab und seiner Königlichen Gemahlin Nefertari verlassen.

Der 1. Friedenvertrag der Menschheitsgeschichte

Die Propaganda unter Ramses II. entsprach nach der Schlacht von Kadesch dem typischen Gehabe damaliger Machthaber, denn eigentlich gab es nur Sieger oder Verlierer, doch für einen ägyptischen Pharao konnte es unter göttlicher Führung nur einen Sieger geben. Nach der Schlacht von Kadesch sah die Wirklichkeit anders aus, weder das Reich der Hethiter noch Ramses II. konnten militärisch einen Sieg für sich verbuchen. Da die Spannungen beider Reiche sich scheinbar nicht lösen ließen, kam es zu einem Friedenvertrag beider Mächte der die bilateralen Beziehungen längerfristig regeln sollte. Genau betrachtet war dieser 1. Friedensvertrag der Menscheitsgeschichte zwischen zwei Staatsgebilden auch für zukünftige Konflikte bis zum heutigen Tag eine Vorlage um politische Spannungen friedlich zu lösen. Während Ramses der Große sich noch in verschiedenen Tempeln als Sieger feiern läßt, kam es am 10. November 1259 v. Chr. in der altägyptischen Hauptstadt Pi-Ramesse im östlichen Nildelta zu Friedensverhandlungen.  Am Treffen nahm eine Delegation hoher Beamter aus dem Hethiter-Reich und Beamte syrischer Fürstentümer teil. Das ägyptische Königshaus war mit seinen hohen Beamten an diesem Treffen beteiligt. Obwohl ein göttlicher Pharao mit seiner Propagandapolitik als unbesiegbar gilt, war Ramses II. auch ein raffinierter Machthaber, der mit viel Geschick die kluge Kunst der Diplomatie beherrschte. In seiner langen Regierungszeit hatte er auch das Glück hervorragende Regierungsbeamte gehabt zu haben und nicht zuletzt auch seine geliebte Große Königsgemahlin, die gerade auch außenpolitisch zu seinen wichtigsten Beratern zählte.
Das besondere an diesem historisch bedeutsamen Vertrag war die gleichberechtigte Verhandlung in “Augenhöhe”, dass bestätigen auch gleichlautende Texte in hethitischer und ägyptischer Schriftform.  Dieser für ehemalige Kriegsparteien einmalige Friedensvertrag beinhaltete haupsächlich einen Nichtangriffspakt, sowie ein Verteidigungsbündnis bei dem man sich gegenseitig versicherte gegen innere – und äußere Feinde zur Seite zu stehen. Ein Novum in der Geschichte eines Friedensvertrages zwischen zwei gleichberechtigten Großmächten, war auch die Tatsache, das in diesem Vertrag auch eine Regelung für Geflüchtete aus Krisengebieten vereinba
rt wurde. Man könnte fast meinen, dieser einzigartige Friedenvertrag der bereits vor über 3200 Jahren abgeschlossen wurde, scheint heute aktueller und notwendiger denn je zu sein. Die Propaganda unter Ramses II. stand zwar voll im Dienst der starken Führung einer Weltmacht Ägyptens und einer Stabilisierung seiner Regierung, doch eigentlich war es auch seine kluge diplomatische Art, die seine pharaonische Lebensleistung unsterblich machten.

Bild 5: Fragmente eines Staatsvertrags in Keilschrift, hethitisch zwischen Hattuschili III. und Ramses II. auf Tonplatten. Dieser Staatsvertrag von etwa 1259 v. Chr.  gilt als 1. Friedensvertrag der Menschheitsgeschichte. Bis zu diesem Moment der Weltgeschichte gab es nach Kriegen immer nur Besiegte und Verlierer, aber mit diesem Staatsvertrag handelte Ramses II. einen politischen Kompromiss aus. Ägyptisches Museum Berlin.

Bild 6: Oberteil der rechten Kolossalstatue von Ramses II.vor dem südlichem Tordurchgang zur Großen Kolonnade im Luxor Tempel. Bild 7: Die seitlichen Wände der großen Pfeilerhalle im Tempel von Abu Simbel sind mit glorreichen Darstellungen von Schlachten geschmückt. Dieses Bild zeigt Ramses II. im Streitwagen im Feldzug gegen die Hethiter. Die Darstellungen zeigen ihn ausschließlich nur als Sieger, obwohl Historiker heute die Schlacht von Kadesch eher als unentschieden betrachten.Bild 8: Eine weitere Szene aus einem Wandrelief mit Ramses II. in seinem großen Felsentempel von Abu Simbel. Symbolisch verkörpert es die höchste Macht, denn ein Pharao hatte die absolute Pflicht sein Land zu verteidigen. Ramses der Große ließ durch seine propagandistisch wirksamen Darstellungen keine Zweifel offen und zeigte sich gerne in der Handlung beim “Erschlagen der Feinde” vor dem Gott Amun (links, nicht im Bild), noch erkennbar mit dem Krummschwert in der Hand, es wird dem Pharao als Zeichen der Unbesiegbarkeit von den Göttern verliehen. Die Szene der Darstellung zeigt die Feinde Ägyptens symbolisch mit unterschiedlichen Gesichtern, die die jeweilige Herkunft kennzeichen. Bild 9: An den Basisplatten der Seitenflächen zum Eingang des Großen Tempels von Abu Simbel sind die von Ägypten unterworfenen Fremdvölker dargestellt. Ramses II.ließ an diesen Seitenflächen  besiegte Nubier, Asiaten aus dem Nahen Osten und Libyer darstellen.

 

Fotos: (c) Michael Kürschner (8). Christel Selke (2)