Land und Leute Ägypten
Expeditionen nach Punt
Altägyptische Handelswege bis nach Ostafrika
Durch die Pharaonin Hatschepsut erlangten die ägyptischen Expeditionen nach Punt eine größere historische Bekanntheit
Die Expeditionen nach Punt waren im alten Ägypten zwar keine Seltenheit und in über 3000 Jahren wichtige Forschungs- und Entdeckungsreisen, um neue lukrative Handelswege zu eröffnen. Die Reisen nach Punt waren ökonomisch so wertvoll, dass sie auch dem Wohlstand im ägyptischen Reich förderlich waren.
Ägypten war zwar durch den fruchtbaren Nilsaum mit allen lebenswichtigen Grundlagen bestens versorgt und hatte überwiegend nur starke Ernteerträge, die das Land versorgen konnten, doch die Möglichkeit über Handelsbeziehungen mit dem Ausland waren für Wirtschaft und den Wohlstand Ägyptens sehr verlockend. Bereits in der 1.Dynastie in der Zeit von 3032 – 2890 v. Chr. begann man Zedernholz aus dem heutigen Gebiet des Libanons nach Ägypten zu importieren Aus diesem wertvollen Holz wurden sichere und leistungsstarke Schiffe gebau, edle Särge gezimmert, Flaggenmasten für die Pylonen der Tempel errichtet und auch die riesigen Tore der Tempel bestanden meist aus Zedernholz sowie das gewonnene Zedernöl für die Einbalsamierung waren beispielhaft für die notwendige Wirtschaftsbilanz guter Handelsbeziehungen. Auch durch die Einfuhren aus Nubien, dem heutigen Nordsudan gewann Ägypten einen gehobenen Wohlstand in fast allen Bevölkerungsschichten, aber auch der pharaonische Staatsapparat konnte seine Status ausbauen, stärken und absichern. Viele Handelsbeziehungen wurden auch militärisch durchgesetzt und entsprachen für viele Güter nicht immer dem freien Handel. Nicht selten war der Handel auch einseitig, wenn unterworfene Länder an Ägypten unterschiedliche Tributzahlungen mit Waren und Produkten liefern mussten. Der Handel mit exotischen Produkten, der auch durch die Expeditionen nach Punt sehr lukrativ war, ist schon seit der 5. Dynastie zwischen 2494 – 2345 v. Chr. bekannt. Wahrscheinlich war es Pharao Sahure der in seiner Regierungszeit zwischen 2490 bis 2475 v. Chr.(1) erstmalig eine Expedition nach Punt organisierte. Wenige Jahrzehnte später ließ auch Pharao Djedkare durch seinen Beamten Bawerdjed für Handelsexpeditionen zuständig zwischen 2410 bis 2380 v. Chr. (2) eine weitere Handelsreise nach Punt durchführen. Im späteren Mittleren Reich ließ Pharao Mentuhotep III. in der 11. Dynastie zwischen 2010 bis 2001 v. Chr. erneut einen Beamten nach Punt schicken, um die bilateralen Handelsbeziehungen wieder aufleben zu lassen. Es gibt zwar genügend Erkenntnisse, dass man schon frühzeitig einige Expeditionen nach Punt durchgeführt hatte, doch genaue Details über Handelsbilanzen, Waren und Produkten sind nicht ausreichend dargestellt oder fehlen völlig. Erst eine Frau auf dem Pharaonenthron machte im Neuen Reich während der 18. Dynastie mit den fehlenden Belegen einer Expedition nach Punt ein Ende und veröffentlichte in ihrem Hatschepsut Tempel in Deir el-Bahari ausführlich die berühmten Expeditionen nach Punt. Die meisten Handelswege der Ägypter verliefen über Land, doch die Expeditionen nach Punt waren etwas ganz besonderes, denn sie verliefen ausschließlich auf dem Seeweg südwärts über das Rote Meer.
Bild 1: Berühmter Kopf einer Statue der Pharaonin Hatschepsut mit noch sehr weiblichen Zügen in der Darstellung, Ägyptisches Museum Kairo. Bild 2: Im Jahr 1926 veranlaßte Ägypten zum Internationalen Schifffahrtskongress die Ausgabe einer Briefmarke mit einem historischen Schiffsmotiv. Man wählte nicht ohne Grund die berühmte Reliefnachbildung eines der großen Schiffe aus der berühmten Expedition nach Punt. Dieses Relief stammt aus der Punthalle im Totentempel der Pharaonin Hatschepsut im Deir el-Bahari in Theben-Werst, Ägypten. Bild 3: Detailausschnitt mit Ruderern des großen Seglers aus der Reliefwand mit den Motiven zur Expedition nach Punt, die von der Pharaonin Hatschepsut angeordnet wurde.
Die Handelsexpeditionen der Hatschepsut ins exotische Land Punt
Die Pharaonin Hatschepsut hatte als Frau eine ungewöhnliche Machtfülle und konnte sich dabei auch noch die Unterstützung der Priesterschaft des Amun-Tempels von Karnak sichern, denn erst durch ein Orakel des Gottes Amun ließ sie sich zum Pharao proklamieren. Zu den raschen Änderungen ihrer Regierungspolitik gehörte die strategische Ausrichtung einer neuen Außenpolitik. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern versuchte sie durch friedliche Beziehungen zu den Nachbarländern einen bilateralen Austausch kultureller und wirtschaftlicher Beziehungen zu erreichen. Im 9. Regierungsjahr (1482/81 v. Chr.) ordnete Hatschepsut eine großangelegte Expedition über das Rote Meer nach Punt an. Vermutlich wurde diese Handelsreise nach Punt nicht nur eine bedeutende, sondern vielleicht auch die größte in der antiken Geschichte Ägyptens. Keine Expedition nach Punt ist so genau belegt, wie die der Pharaonin Hatschepsut. In ihrem Totentempel in Deir el-Bahari in Theben-West (Luxor), hat sie im südlichen Flügel der Kolonnale auf der 2. Terrasse eine komplette und zum Teil noch farblich erhaltene Reliefwand gestalten lassen mit vielen dokumentarisch wertvollen Informationen über das exotische Land Punt. Dargestellt sind auch die Schiffe (Bild 2), die extra für diese Expedition gefertigt wurden, auch ihre begleitende Delegation mit dem ägyptischen Gesandten Nehesy (Bild 9) und den Herrschern von Punt sind abgebildet. Aber noch wesentlich informativer sind die zahlreichen Darstellungen über die gehandelten Produkte. Hatschepsut ließ für ihre große Expedition nach Punt etwa fünf Segelschiffe anfertigen, sie hatten eine Länge von etwa 21 Metern und waren mit etwa 30 – 40 Mann Besatzung ausgerüstet. Trotz der engen Verhältnisse auf den Schiffen war noch genügend Platz für die Handelsware, schließlich brachten auch die Ägypter ausreichende Tauschwaren mit nach Punt, zu denen auch Waffen gehörten, Gebrauchsgegenstände und Schmuck. Im Gegenzug erwarben die Ägypter wertvolle Waren wie zum Beispiel Weihrauch, Myrrhe, Ebenholz, exotische Felle und lebende Tiere, aber auch das wichtige Edelmetall Gold, sowie Edelsteine und das Weiße Gold als Elfenbein der Elefanten. Auf dem Puntrelief im Tempel der Pharaonin Hatschepsut kann man erfahren, dass auch lebende Myrrhe-Bäume mit Wurzeln und Muttererde in Körben nach Ägypten verfrachtet wurden. Durch die große Hatschepsut Punt Expedition kamen etwa 31 dieser Myrrhe-Bäume zum Tempel nach Deir el-Bahari und Hatschepsut ließ diese Bäume im Garten des Amun vor ihrem Tempel pflanzen. Auch zu späteren Zeiten versuchte man die aus Punt stammenden Bäume in Ägypten zu kultivieren, ob es jedoch am ägyptischen Klima oder an einer falschen Pflege lag ist nicht bekannt, denn auf Dauer gelang ihnen die Kultivierung der Myrrhe-Bäume nicht wie gewünscht.
Bild 4: Wahrscheinliche Szene aus dem Begrüßungsritual. Der ägyptische Gesandte Nehesy steht vor einem aufgetürmten Stapel an Handelsware zu der auch goldene Halsreifen und Kettenaus bunten Edelsteinen gehörten. Empfangen wurden sie in Augenhöhe als Handelspartner. von der Fürstin Ati ( Iti/Eti ) und dem Fürsten Pahu/Perehu. Auch wenn man in Ägypten immer darauf bedacht war Personen immer positiv idealisiert darzustellen, ist auf diesen Punt-Reliefs die Fürstin Ati von Punt extrem Fettleibig dargestellt (Bild 7). Bild 5: Drei ägyptische Träger transportieren einen Myrrhebaum der für den Abtransport nach Ägypten vorbereitet ist. Myrrhebäume wurden ausgegraben und in Körbe verpflanzt, damit man sie nach Ägypten besser verschiffen und dort wieder einpflanzen konnte. Die Hieroglyphen Inschriften über den Köpfen der Träger, nennen die Produkte, die aus dem Land Punt (Goldland) in Ägypten eingeführt wurden. Bild 6: Szene der Punt-Reliefs mit Weihrauchbäumen aus der mittleren Kolonnade am Tempel der Hatschepsut in Deir el-Bahari, an der Westbank in Luxor, Ägypten. Weihrauch gehörte zu den wichtigen Erzeugnissen, die Ägypten aus dem Land Punt importieren musste.
Bild 7: Relief der Fürstin Ati, der Frau des Fürsten von Punt beim Empfang der ägyptischen Delegation. Bild 8: Einheimische Pfahlbauhütten in Punt, gezeigt mit Palmen und Vögeln in der Punthalle im Tempel der Hatschepsut, in der diese Herrscherin die Grundzüge ihrer Expedition nach Punt ausführlich in Reliefs darstellen ließ.
Bild 9: Farbiges Wandrelief, das die Expedition der Pharaonin Hatschepsut nach Punt (Goldland) in ihrem Totentempel in Deir el-Bahari aufzeigt. Das Feinrelief zeigt den ägyptischen Gesandten und Expeditionsleiter Nehesy mit einer Gruppe von Soldaten, die von Hatschepsut in Begleitung der Delegation in das Land Punt geschickt wurden, um wichtige Zutaten für die Tempelrituale der Hatschepsut zu erwerben.
Erkenntnisse über die geografische Lage des rätselhaften Landes Punt
Bis zur großen Expedition nach Punt durch die Pharaonin Hatschepsut in der 18. Dynastie gab es zwar schon vereinzelte Handelsreisen seit der 5. Dynastie nach Punt dem berühmten Goldland. Doch eine sehr genaue Beschreibung der geografischen Lage von Punt gab es nie. Man ist daher noch heute auf Indizien angewiesen und davon gibt es allerdings zahlreiche, ausgehend von der Handelsware und den Tieren die man von Punt ins ägyptische Reich gebracht hat. Auch der Handelsweg entlang der Küste des Roten Meeres bis zu den südlichen Regionen am Horn von Afrika, lassen die Vermutung aufkommen, Punt liegt im nördlichen Teil Ostafrikas. Ob die Ägypter auch bis ins heutige Kenia oder Tansania kamen ist eine reine Spekulation, denn dafür gibt es zu den Reisen nach Punt bis heute keine Belege. Im heutigen Somalia gibt es allerdings eine Region die sich noch heute als Puntland bezeichnet, an der Küste liegt und auch die typische ostafrikanische Tierwelt gehabt haben muss. Wenn man zusätzlich und ausgehend vom Vorkommen der Tier- und Pflanzenwelt auf den Reliefs im Reisebericht der Expedition nach Punt im Tempel der Hatschepsut davon ausgeht, könnte für die Ägypter das damalige Punt (Goldland) im heutigen Äthiopien, Eritrea, Djibuti und Somalia gelegen haben. Ein weiterer wichtiger Hinweis könnten auch die Genanalysen von Haaren mumifizierter Mantelpaviane sein, die eine Verbindung in die Regionen des nördlichen Ostafrikas schon fast als Beweis zu werten wären, denn in dieser geografische Lage liegt auch das endemische Vorkommen des Mantelpavians (Papio hamadryas). Diese Pavianart war im damaligen Ägypten nicht heimisch, hatte also kein natürliches Vorkommen und konnte also nur aus den weit südlich gelegenen Ländern eingeführt worden sein. Die Ägypter mussten wohl zur damaligen Zeit einen unheimlichen Respekt vor diesen Pavianen gehabt haben, denn seine Art ging schon in der Frühgeschichte Ägyptens als heiliges Wesen in die mythologische Gesellschaftsordnung ein und erlangte sogar als Symbol den Status einer berühmten Gottheit. Als Gott Thot gehört er mythologisch zu den ältesten Gottheiten. Anfänglich als Mondgott eingestuft wurde er später auch zur Gottheit der Weisheit, Magie und Wissenschaft und auch zum Schutzgott aller Schreiber.
Bild 10: Ein stattlicher Mantelpavian – Papio hamadryas in Begleitung eines Weibchens. Ob die Paviane schon in der Frühzeit durch die Expeditionen nach Punt in Ägypten eingeführt wurden, ist noch nicht eindeutig geklärt, aber auf jeden Fall scheinen biologische Untersuchungen darauf hinzuweisen, dass eine enge Verwandtschaft mit den Tieren besteht, die ihre endemischen Wurzeln in der Region haben, die man heute mit dem Puntland in Ostafrika verbindet. Bild 11: Gut erhaltene große Pavianstatue in einer typisch natürlichen Darstellung als Gott Thot und in diesem Fall als Gottheit der Weisheit. Sie ist aus Sandstein und stammt aus der 19. Dynastie ( Neues Reich), gefunden in Abu Simbel. Bild 12: Detaildarstellungen von 6 der 12 heiligen Paviane an der Westwand der Grabkammer von Tutanchamun, sie symbolisieren die nächtlichen 12 Stunden und jeder einzelne in seinen Fächern stellt jeweils eine Stunde dar. Mantelpaviane (Papio hamadryas) waren zu dieser Zeit in Ägypten bereits nativ, heilig, verehrt und sehr beliebt. Nicht nur Thot als Gott der Wissenschaft, Bildung und des Mondes wurde als Paviangestalt dargestellt, sondern auch im altägyptischen Totenbuch, wie hier im Grab von Tutanchamun an der Westwand zu sehen, war der heilige Pavian eine bevorzugte Darstellung. Ähnlich dem Babi in der ägyptischem Mythologie kann auch hier der heilige Pavian sogar mitverantwortlich sein für die sexuelle Fähigkeit im Jenseits und wird dargestellt als Pavian mit erigiertem Penis, siehe auch Bild 10 in einer lebenden, natürlichen Darstellung. auch auf Bild 11 wird eine göttliche Thot-Statue als Mantelpavian mit erigiertem Penis und den Hoden dargestellt.
(1), (2), Jahreszahlen nach T. Schneider: Lexikon der Pharaonen. Düsseldorf 2002.
Fotos: (c) Michael Kürschner (8), Christel Selke (4)