Land und Leute Ägypten
Privatgrab eines Schreibers aus der 18. Dynastie
Grab des Userhat
Die Person Userhat
Userhat war ein Schreiber und Beamter der einfachen Oberschicht, allerdings mit weitreichenden Aufgaben und Titeln in der Mitte der 18. Dynastie in der Regierungszeit von Pharao Amenophis II. (Amenhotep II.). Seine folgenden Titel konnte man den Inschriften im Grab entnehmen: “Großer Vertrauter des Herrn der zwei Länder”, “Königlicher Schreiber”, Aufseher der Rinderherden des Amun”, “Stellvertreter des ersten Herolds”. Seine wichtigste Funktion war aber sicherlich Buchhalter des Brotes
zu sein, oder genauer definiert, er war ein Schreiber, der die Brote für Ober- und Unterägypten zählt”.
Diese Funktion bestand wahrscheinlich darin, die Menge des eingehenden Weizens genau zu überprüfen und diese mit der Anzahl der produzierten Brote zu vergleichen und sicherzustellen, dass die verschiedenen Gewichte der Getreidemaßnahmen korrekt waren. Im Grunde hatte Userhat so eine Art von betriebswirtschaftlichen Funktionen inne.. In der Tat gab es mehrere Arbeitsvorgänge zwischen der Lieferung des Rohkorns und dem fertigen Produkt, insbesondere musste der Weizen ja noch gemahlen werden, um Mehl herzustellen. Während dieser Vorgänge konnte leicht Getreide oder Mehl verschwinden und Userhat war dafür verantwortlich, dass alle Arbeitsvorgänge ertragreich und korrekt abgeliefent werden. Über seine Familienverhältnisse ist nur soviel bekannt, was die Angaben im Grab hergeben.
Userhat war verheiratet mit einer gewissen Mutneferet, ein Name, der indirekt auch mit dem Gott Amun verbunden war, da der Name auf seine Göttergemahlin Mut zurückgeführt werden kann. Mutneferet trug den Titel “königliche Verzierung”
, was heute vermutlich einer “Ehrendame” entsprach. Nachweislich gingen aus der Ehe mit seiner Frau Mutneferet drei Kinder hervor. Zwei Töchter und ein Sohn. Der Name des Sohnes ist unbekannt. Namentlich erwähnt bleiben im Grab nur seine beiden Töchter, Henut-Neferet und Nebet-tawy. Seine Tochter Henut-Neferet erreichte einen hohen sozialen Status als Dame des Hofes”, “Geliebte ihres Herrn”, “Gelobt vom guten Gott” (= Pharao)” trägt
. Zum Zeitpunkt des Todes von Userhat war sie aber vermutlich noch nicht verheiratet, denn sonst hätte sie noch den sozialen Titel “Herrin des Hauses getragen”.
Bild 1: Auf beiden Seiten des Eingangs des Grabes von Userhat sind eingerahmte Schriftzüge mit Opferformeln angebracht, an der linken Seite an Amun-Re, Re-Harachte und Osiris und auf der rechten Seite an Osiris, Anubis und Hathor. Bild 2: Eingangstafel mit Grabplan und Kurzinfo zum Grab des Userhat.
Das Grab des Userhat im Tal der Noblen im TT 56
Das Grab des Userhat (TT 56) liegt ganz in der Nähe vom Grab des Ramose (TT 55) in Sheikh abd el Qurna imTal der Noblen.Entdeckt wurde das Grab bereits 1899 von Lloyd und auch 1903/04 von Sir Robert Mond. Es hat die klassische Form eines umgekehrten “T” und besteht somit aus einem Querraum und einem sogenannten Längsraum, an dessem Ende sich eine Statuennische befindet (siehe Bild 18). Das Grab stammt aus 15. Jahrhundert v. Chr. unter König Amenophis II. und vielleicht auch unter Thutmosis III. In allen Kammern des Grabes TT 56 sind die Wände im Gegensatz zu den meisten Gräbern farbig ausdekoriert und verhältnismäßig gut erhalten, auffallend ist die häufige Verwendung der Rosafärbung in der Malerei und die Darstellung von Männern und Frauen immer in einer dunklen sienaroten Hautfarbe erscheinen. Texte waren für Userhat scheinbar nebensächlich, er legt vielmehr Wert auf die große bildliche Darstellung seiner Themen. Da die Gräber scheinbar offen waren, gab es zu späteren Zeitpunkten einen regelrechten Vandalismus koptische Mönche nutzten die Gräber als Wohnraum, veränderten Malereien, wenn sie heidnisch obzön erschienen, malten Kreuze ins Bild oder bekritzelten Malereien wie die Hunde auf Bild 13 und 14.
Im Verhältnis zu manch anderen Gräbern ist TT 56 bescheiden in seinen Abmessungen, das macht sich besonders in der Enge der beiden Kammern bemerkbar. Die Länge der Querkammer von Ost nach West beträgt nur 10 Meter und die Höhe liehgt bei 2,55 Meter. Die Wände mit den Malereien in der Längskammer haben eine Länge von etwa 4,65 Meter.
Schon allein wegen der vielen farbigen Themen in diesem überschaubaren Grab von Userhat lohnt sich hier ein Besuch. Die Gräber sind touristisch nicht überlaufen, man kann also in aller Ruhe und Geduld hier verweilen und Einblicke in das Leben eines Schreibers erhalten ohne gestört zu werden.
Grabmalerei im Querraum (links)
Bild 3: Userhat und seine Frau Mutneferet sitzen erhaben vor Opfergaben beim “Schönen Fest vom Wüstental”. Bild 4: Unter dem Stuhl von Mutnofret hat der Künstler einen naschenden Affen dargestellt. Der Grund ist nicht bekannt, aber vielleicht auch nur eine Auflockerung der Bildszene.
Bild 5: Die schmale Wand im linken Querraum zeigt rituelle Bildfolgen mit einer Scheintür. Als Beispiele sieht man links oben von der Scheintür das Ehepar Userhat und seine Frau Mutneferet vor einem Gabentisch sitzen. Links unten (siehe auch Bild 6) eine rituelle Reinigungszeremonie für Userhat. Während die zwei Bilder links von der Scheintür sich der rituellen Reinigung widmen, zeigen die Darstellungen auf der rechten Seite von der Scheintür die rituelle Mundöffnugsszene. Bild 6: Detailbild links unten von der Scheintür mit einer rituellen Reinigungszeremonie für Userhat.
Grabmalerei im Querraum (rechts)
Bild 7: Auf der äußersten rechten Seite des Querraumes befindet sich diese Darstellung gleich neben dem Bildnis mit der aufgemalten Stele. Diese Malerei zeigt Pharao Amenophis II. in einem Kiosk auf einem Thron sitzend. Nach seiner Kleidung zu urteilen ist Amenophis II. lebend dargestellt. Ungewöhnlich ist nur die Darstellung von Amenophis II. mit einer Streitaxt in der Hand. Links im Bild sieht man Userhat als Verstorbenen in einer fast transparenten weißen Tunika gehüllt und mit einer auffallend ungewöhnlichen roten Perücke, wie er seinen Pharao mit Blumen geschmückten Stäben huldigt. Die Rote Perücke kann man auch mit dem Gott Seth in Verbindung bringen, der ja auch ein Gott des Krieges und der Zerstörung war. Vielleicht auch daher die Streitaxt in der Hand von Amenophis II. Bild 8: Bildnisse an der rechten Schmalwand vom Querraum mit einer großen farbigen Stele, die von vier Darstellungen mit Opferträgern flankiert wird. Die farbige Stele enthält keine Hieroglyphen und zeigt im oberen Teil eine geflügelte Sonnenscheibe und darunter Osiris-Darstellungen.
Bild 9: Userhat und seine Frau Mutneferet (hinter ihrem Mann nicht im Bild) beim rituellen Brandopfer. Die sogenmannten Brandopfer gehörten im alten Ägypten zu den Feuerweihen als wichtige rituelle Opfergaben für wichtige Gottheiten. Eine Tradition, die schon seit dem Anfängen des Alten Reichs bekannt ist. Zu den wichtigsten Gottheiten zählten Horus, Hathor, Re, Amun, Nechbet und Anubis. Nur unter Echnaton (Amenophis IV.) gab es mit dem einzigen Gott Aton eine Ausnahme. Bild 10: Im Querraum auf der rechten Seite befindet sich die Darstellung von einfachen Soldaten in drei Reihen. Sie alle halten ihren Proviantbeutel in der Hand und warten vor einem Offizier mit einem Stock in der Hand auf die Essensausgabe vor dem Vorratshaus. Im unteren Register gibt es eine Bildfolge mit Darstellen, bei denen Soldaten im Freien die Haare geschnitten bekommen. Bild 11: Zeigt den Bereich der Proviantausgabe und somit auch einen Teil aus dem Berufsleben von Userhat als Brotzähler. Die oberen vier Register zeigen 14 Offiziere mit gefüllten Lebensmittelkörben und die unteren zwei Register zeigen 14 starke Männer mit gefüllten Körben voller Brot, die für die wartenden Soldaten bestimmt sind.
Grabmalerei im Längsraum (links)
Bild 12: Auf der linken Seite des Längsraumes sind fantastische Jagdszenen symbolträchtig dargestellt.. Userhat muß wohl auch ein leidenschaftlicher Jäger gewesen sein. Auch wenn Userhat ein guter Wagenlenker gewesen sein soll, so ist das Bildnis wie er im vollen Galopp den Bogen spannt, um zielsicher Gazellen oder Antilopen in der ägyptischen Steppe zu jagen, natürlich idealisiert, wie es auch vielfach in dieser Zeit üblich war. Bild 13: Gleich nach der Jagdszene mit dem Wagen schließt sich ein Bildnis der Vogeljagd an. Userhat steht auf einem flachen Papyrusboot und erlegt mit einem Wurfholz vor einem Papyrusdickicht aufgeschreckte Vögel. Bild 14: In einem weiteren Jagdbild zeigt sich Userhat erneut auf einem flachen Papyrusboot und fängt in diesem Fall mit einem Fischfangspeer Barsche am Nilufer. In den Jagdszenen (Bild 13 /14) hat der Künstler die Gesellschaft seiner Frau und Tochter integriert.
Die primitiv gekritzelten “Hunde” auf dem flachen Papyrusboot stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht aus der Zeit von Userhat und gehören somit nicht in die Originalszene. Sie sind vermutlich von christlichen Kopten in der römichen Spätzeit angebracht worden.
Grabmalerei im Längsraum (rechts)
Bild 15 und 16: Auf der rechten Seite des Längsraumes kommt auf der ganzen Wand der Bestattungszug mit den üblichen religiösen und traditionellen Todesriten zum Ausdruck.In der oberen Reihe sieht man die vielen Klagefrauen in ihren weißen Gewändern. Opfergaben und Grabbeigaben für Userhat werden von zahlreichen Trägern und Priestern im Trauerzug dargebracht. Vor den knienden Klagefrauen (Bild 15) kann man die Vorbereitungen für die Mundöffnungszeremonie erkennen, die noch vor einer Bestattung durch einem Sem-Priester vollzogen wird. Im unteren Register auf Bild 15 kann man noch durch das Boot die Pilgerfahrt nach Abydos erkennen. Die rituelle Tradition einer Bootsfahrt nach Abydos ist bis Ende der 18. Dynastie in Gräbern bekannt und diente dem Wunsch des Verstorbenen an den Festspielen zu Ehren des Osiris in Abydos teilzunehmen. Ob dabei die Mumie oder eine Statue auf die Fahrt ging, oder ob es sich dabei nur um ein in Gräbern dargestelltes Kultritual handelt, weil jeder Verstorbene zu Osiris werden will, ist nicht bekannt. Bild 17: Fortsetzung des Trauerzuges von Bild 15 und 16. Im Zentrum dieser Wandmalerei steht der Schrein mit der Mumie von Userhat, der auf einem Schlitten von zwei Ochsen gezogen wird.
Nische im Längsraum an der Schmalwand
Bild 18: Der Längsraum hat eine Breite von 1,86 Meter und die Nische am Ende des Raumes hat eine Breite von 100 cm und eine Höhe von 150 cm. Ursprünglich war hier eine Doppelstatue vom Ehepaar Userhat/ Mutneferet errichtet. Die Statue von Userhat ist völlig zerstört und es sind nur noch die Überreste von seiner Frau Mutneferet zu erkennen.
Fotos: (c) Michael Kürschner (7), Christel Selke (12)